“Mama, ich habe Multiple Sklerose” – Wenn das erwachsene Kind MS hat

Ich kann mich an diesen Tag erinnern, als wäre er gestern. 

Ich lag im Krankenhaus, meine Augen taten was sie wollten. Ich bekam den Verdacht auf MS geäußert – und ich war ganz allein.

Meine Mutter war zu der Zeit auf einer ihrer geliebten Reisen durch die Welt. Also blieb mir nichts anderes übrig, als sie zu einer Uhrzeit anzurufen, in der unsere Tages- und Nachtzeiten sich trotz Zeitverschiebung überschnitten.

Es klingelte zwei mal, bis sie dran ging.

 

„Mama, ich habe wahrscheinlich MS“.

 

Dieser Satz muss für sie eine ebenso große Bombe gewesen sein, wie es die Diagnose für mich war.

Niemand warnt einen vor, wenn das erwachsene Kind MS bekommt. Wie auch? Wer rechnet schon damit, dass dieser junge Mensch, der so gesund, so fit, so aktiv wirkt plötzlich eine unheilbare Krankheit diagnostiziert bekommt?

Es muss sich anfühlen, als würde man selbst krank. Es zerreisst einem die Seele, das Herz.

 

Als sie erfuhr, dass ihr Kind MS hat, brach meine Mutter in Tränen aus

 

Und wer kann ihr das verdenken? Wer würde das nicht verstehen?

Vielleicht ich selbst. Vielleicht hätte ich mir in diesem Moment gewünscht, dass wenigstens sie stark geblieben wäre. Denn das Meer aus Tränen, das ich selbst fabrizierte, war fast groß genug, um auf dem Seeweg zu ihr zu rudern.

Und dennoch weiß ich, dass es nicht möglich gewesen wäre für sie, in dem Moment nur “stark” zu sein. Denn natürlich sind auch Eltern nur Menschen. Und wenn ihr Kind MS hat, oder eine andere unheilbare Krankheit, dann ist es auch für die betroffenen Eltern ein tief sitzender Schock.

Nicht weniger schlimm, und vielleicht gar nicht mal so anders muss es sein, wenn man als erwachsener Mensch MS bekommt und es seinen Kindern erklären muss… Da ich mich damit nicht auskenne, möchte ich dir das Buch “Alles wie immer, nichts wie sonst” von JuSu ans Herz legen,  das sich mit diesem “Fall” beschäftigt.

 

Kind MS

 

Wenn das Kind MS hat, verändert das alles

 

Ich kenne mich nur mit der Situation aus, die erwachsene „Kinder“ betrifft, also kann ich auch nur über diese schreiben (wenn du selbst deine Erfahrung mit deinem kleinen oder großen Kind mit MS teilen magst, hinterlasse einen Kommentar – gerne auch anonym!!).

Doch ich weiß, dass es in dem Moment kaum eine Rolle spielt, wie alt das Kind ist. Dein Kind bleibt dein Kind. Mama bleibt Mama.

Und der Schmerz, der ist gleich groß. Denn oft trägt man als Elternteil ja alles mit.

Man freut sich mit seinem Kind, wenn es die ersten Schritte tut. Ist stolz bei seiner Einschulung, trocknet die Tränen des ersten Liebeskummers. Applaudiert beim Schulabschluss.

Und dann der Schock. Die Info, dass das Kind MS hat.

 

„Warum hat mein Kind MS? Was habe ich falsch gemacht?“

 

Ich habe in Gesprächen mit meiner Mutter erfahren, dass natürlich auch sie sich Gedanken über ihre „Mitschuld“ an meiner Erkrankung gemacht hat.

Doch wo fängt man an, wo hört man auf mit der Ursachenforschung? Und ganz ehrlich: Was bringt sie denn? Die Diagnose ist da. Warum nun gezielt nach Gründen für noch mehr Schuldgefühle suchen?

Ich habe meiner Mutter direkt gesagt, dass ich nicht möchte, dass sie die Schuld bei sich sucht.

Es gibt keine Schuldigen.

Nur Betroffene. Und betroffen ist indirekt meint auch das Umfeld der Person. Und die Hilflosigkeit, die man als Angehörige in einer solchen Situation verspürt – glaub mir, die kann fast ebenso wehtun wie die Last der Krankheit selbst

 

“Aber du sieht doch gesund aus?!”

.

Es ist für Außenstehende ebenso wie Betroffene anfangs sehr schwierig, zu erkennen, worin die Krankheit besteht – zumindest bei leichten Verläufen. Denn man sieht nicht immer etwas, offensichtlich fehlt einem ja nichts! Und trotzdem soll dieser topfit scheinende Mensch nun unheilbar krank sein?

Das wirkt sehr einschüchternd und ist schwer zu verkraften, und teilweise auch schier unglaublich. Wie ein großer Irrtum.

Umso wichtiger ist es, sich zu informieren. Seien es gemeinsame Arztbesuche, Gespräche mit Neurologen, Recherche (aber bitte nicht alles für Gold nehmen was da so im Netz steht), Fachmagazine.

Je besser du den Feind kennst, desto weniger macht er dir Angst. Das ist bei der MS nicht anders!

 

Die Unterstützung, die ich von meiner Mutter bekommen habe, hat mich in vieler Hinsicht gerettet

 

Auch wenn sie nicht persönlich da sein konnte, um mir Essen zu bringen und meine Hand zu halten während ich im Krankenhaus lag: Ich weiß, dass sie jeden Tag bei mir war in ihren Gedanken. In Telefonaten.

Hatte sie deswegen ein schlechtes Gewissen? Oh, sicherlich. Welche Mutter würde sich denn nicht schlecht fühlen wenn das Kind MS hat – und man selbst befindet sich auf einem Inselparadies?

Aber mir selbst war es wichtig, dass nun nicht alle alles stehen und liegen lassen, um die “arme kranke Samira” zu umsorgen. Also blieb sie, wo wie war. Es fühlte sich richtig an, zumindest für mich.

 

Wenn das Kind MS hat

 

Was kannst du tun, wenn dein erwachsenes Kind MS hat?

 

Immer und immer wieder: Da sein. Zuhören. Und vor allem: Dein Kind als das respektieren, was es ist: ERWACHSEN.

Auch wenn es noch nie so schwer gefallen ist – versuche, dein Kind nun nicht zu bevormunden, oder in einem Maße zu bemuttern, dass du davor lange nicht mehr an den Tag gelegt hast.

Behandle dein Kind als gleichwertigen Menschen, der geistig und psychisch imstande ist, selbst Entscheidungen für sich zu treffen.

Gib Ratschläge, wenn dein Kind sie möchte. Höre auf, Ratschläge zu geben, wenn dein Kind dich darum bittet.

 

Respektiere die Entscheidungen deines erwachsenen Kindes!

 

Auch wenn es wehtut: Wenn dein erwachsenes Kind MS hat, kannst du Händchen halten, zuhören, beratschlagen – aber nicht entscheiden, wie es nun weitergeht.

Dein Kind entscheidet sich gegen eine Basistherapie? Hört einfach nicht auf zu rauchen? Geht nicht ans Telefon?

Dann ist das halt so. Versuche, Verständnis zu haben. Das, und ein offenes Ohr, wenn darum gebeten wird.

 

Und wenn du betroffen bist, und einen Umgang mit deinen Eltern und der MS lernen musst?

 

Wenn du als Betroffene*r selbst deinen Eltern erklären musst, wie du dir nun ihren Umgang mit dir und deiner Krankheit wünschst, ist absolute Ehrlichkeit angebracht.

Es bringt ja auch ihnen nichts, wenn sie dich mit Aufmerksamkeit überhäufen, die du gar nicht möchtest.

Oder das andere Extrem: Wenn sie aus Unsicherheit das Thema totschweigen, du aber dringend darüber sprechen möchtest.

Bitte um ihre Hilfe, ihre Unterstützung, ihr Verständnis. Immer wieder. Niemand geht von Anfang an „richtig“ damit um, wenn das Kind MS hat.

 

Es gibt auch nicht nur die eine Art damit umzugehen, sondern tausende – wie es auch tausende Formen von MS gibt.

 

Findet euren Weg, seid liebevoll und respektvoll. Und vor allem: Hört nicht auf,  zu fragen – und zuzuhören. Zweitens vielleicht noch mehr als ersteres.

***

Hast du selbst MS, oder dein erwachsenes Kind? Wie gehst du damit um? Hast du deinen Eltern von deiner MS erzählt, und wie haben sie es aufgenommen? Teile deine Geschichte, deine Erfahrungen mit uns, und mach diesen Artikel noch besser und informativer! Hinterlass dafür einfach einen Kommentar <3

 

Ich danke Eddy Kruse für das wunderschöne Titelbild!

 

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18 comments

  1. Hallo Samira ,
    Ich kann dich sehr gut verstehen, die Gefühle fahren Achterbahn und man hat Angst vor dem was kommt. Ich habe schon einige Jahre MS, ich kann dir nur raten: Glaub nicht alles was du hörst oder ließt.
    Sie heißt nicht umsonst die Krankheit der 1000 Gesichter, sie verläuft ganz verschieden von daher kann dir keiner nichts genaues sagen! Es gibt Menschen, bei denen merkt man gar nichts. Die MS ist immer wieder für eine Überraschung gut!

    1. Danke dir Nina! Angst vor dem was kommt habe ich immer weniger, aber das hat auch seine zeit (5 Jahre) gedauert. Und natürlich kommt die böse, dunkle Wolke auch bei mir immer wieder ins Blickfeld.

      Und ich klopfe einfach auf Holz und tue mein bestes dafür, dass ich eine von denen bin, denen man es nie anmerkt. So 🙂

  2. Berührend geschrieben! Was ich gerne aber noch ergänzen wollte: Leider gibt es auch die Mütter, die sofort, wenn das erwachsene Kind im KH ist (noch ohne VerdachtsDiagnose, aber mitten in einem deftigen Schub) auf WellnessUrlaub fahren und kein Wort mehr darüber verlieren.

    Keine Information einholen, keine Gespräche mit Ärzten führen…. einfach die Schotten dicht machen. Nach meiner Diagnose bekam ich nur zu hören, dass meine Ärzte alle irren und es im Rückenmark keine MS gibt. Punkt. Sehr bitter!!!

    Nun, 10 Jahre nach der Diagnose, hat es diese Mutter immer noch nicht geschafft, mich zu fragen, wie es mir geht. Umfassbar kränkend für mich! Ich hoff sehr, dass es von dieser Sorte Mütter nicht viele gibt! Das ist nämlich zusätzlich noch belastend. Was echt keiner braucht, der eh schon MS hat.

    1. Ja, ich lese auch immer mehr in anderen Kommentaren zu diesem Artikel, wie viele Menschen nach ihrer Diagnose von ihren Eltern hängen gelassen wurden. Unglaublich. Ich schicke dir eine Umarmung und hoffe, dass viele Mütter deinen Kommentar lesen. Vielleicht bewegt es ja etwas in ihnen, damit zumindest in Zukunft etwas mehr Verständnis für die an MS erkrankten herrscht!

  3. Dieser Artikel ist wirklich sehr berührend geschrieben, besonders weil ich mich als Mutter einer MS kranken Tochter darin sehr wieder erkannt habe. Weiter so ? LG

  4. Klasse geschrieben! Ich bin auch eine Mama und meine Tochter 250 km weit weg. So sehen wir uns sehr selten, aber ich bin immer in Gedanken bei ihr. Ja und auch sie hört nicht auf zu rauchen, scheint das Leben und die Krankheit durch ihre ungesunde Lebensweise herauszufordern, was mir als Mutter förmlich das Herz bricht!!!!!

    Wie Du schon schreibst: Es ist halt so. Alle Verzweiflung der Mutter nützt nichts, wenn das Kind es nicht einsieht oder im Verdrängungsmodus nach der Diagnose hängen geblieben ist.

    Weißt Du, wir Eltern denken leider manchmal schon weiter. Ich denke schon, dass man die Krankheit durch gesunde Lebensweise und Rücksicht auf den Körper positiv beeinflussen kann, vieles hinauszögern oder vermeiden kann.
    Einfach nichts tun und gute Miene zum bösen Spiel machen ist für Eltern wirklich nicht einfach.

    Aber auch das muss ich als Mutter akzeptieren – auch wenn es mich persönlich unglücklich und hilflos macht. Mein Kind ist erwachsen.
    Meine Tochter ist 20 – Wir machen uns Gedanken um die Zukunft . Was ist, wenn sie nicht mehr so kann und Hilfe braucht – und ich selbst nicht mehr kann und gesundheitlich nicht mehr auf den Damm bin? Auch diese Fragen gehen einer Mutter durch den Kopf. Selbst sich vielleicht nicht mehr um das Kind kümmern zu können, das ist ein schlimmes Gefühl.

    Glaubenssatzarbeit hat mir sehr geholfen loszulassen. Und zu akzeptieren.
    Mein Kind muss seinen Weg gehen – und wir Eltern sind da, wenn Hilfe erwünscht wird.
    Auch wenn das Zuschauen noch so schwer fällt.

    1. Liebe Sissi,
      ich denke, meine Mama muss sich genau so gefühlt haben – zumindest kommen mir viele deiner Worte so bekannt vor, da sie diese schon zu mir gesagt hat!
      Wie lange hat deine Tochter schon MS?

      Bei mir hat es vier Jahre gedauert, bis ich endlich wirklich etwas an meinem Leben änderte, um mein Schicksal nicht mehr unnötig herauszufordern – und ein weiteres Jahr, um mit diesen Entscheidungen, die meine Zukunft positiv beeinflussen können, auch glücklich zu sein.

      Mittlerweile habe ich nicht mehr das Gefühl, ich würde etwas “aufgeben” wenn ich einen Gang runter schalte, sondern es eher so zu sehen, dass ich wahnsinnig viel dazu gewinne!! Sicherlich kommt dieser Moment auch bei deiner Tochter. Da glaube ich ganz fest dran. Bei manchen dauert es länger, bei manchen geht es fixer.

      Ich wünsche euch alles Gute. Du klingst genau wie die Mama, die man sich in so einem Moment wünscht. Auch wenn ich nur erahnen kann, wie schwer es für dich sein muss, diese Ruhe und Stärke (zumindest äußerlich, und dann auch innerlich) zu bewahren.

  5. Meine Mama hat MS und mir selbst wurde MS im Mai diesen Jahres Diagnostiziert. Als der Arzt mir die Diagnose gesagt hatte und gegangen war, brach sie in Tränen aus und sagte “Hätte ich gewusst, das mein Kind das auch bekommt, hätte ich niemals ein Kind bekommen” Ihre Worte taten mehr weh, als die Diagnose selbst. Ich habe ihr mehrfach gesagt, das sie nicht schuld ist und das wir beide da nichts für können. Mittlerweile hat sie es akzeptiert und genauso wie ich, gelernt damit zu leben.
    Dein Text ist echt sehr schön geschrieben ? Ich werde definitiv öfter mal vorbeischauen ?

    Liebste Grüße an Dich! ??

    1. Liebe Stefanie, wow, das muss wirklich ein harter Schlag für euch beide gewesen sein. Umso schöner, dass ihr nun beide damit einen Umgang gefunden habt! Und toll dass der Blog dir gefällt. Es ist immer schön, neue Leserinnen zu erreichen 🙂

  6. Hallo, ich bin ganz neu hier und lese mich etwas durch. Die Berichte und auch die Kommentare gefallen mir sehr gut! Ich bin gefühlsmäßig gerade sehr aufgewühlt und sitze seit einer Woche in der Reha Klinik. Meinen ersten Schub und somit auch die Diagnose MS bekam ich Anfang Oktober 2017. Ich könnte heulen, bin verärgert über die Vergangenheit, habe grosse Angst und dann gibt es solche Momente wo ich positiv eingestellt bin. Es ist sehr durcheinander.

    Was mich ärgert und traurig macht ist meine Mutter. Wie die meisten ist sie besorgt und stellt mir einfach zu viele Fragen was das Thema MS angeht und informiert sich nicht selbst. Das macht mich wütend und stresst mich sehr. Ich bin selbst überfordert und weiß nicht wie ich mich verhalten, denken und fühlen soll.

    1. Erstmal gibts von mir eine große virtuelle Umarmung!
      Hast du das deiner Mama schon mal gesagt, dass dich das stresst? Ich denke, es ist immens wichtig, dass du das kommunizierst! Ich bin mir sicher, dass sie das verstehen wird. Oder warum setzt ihr euch nicht mal gemeinsam hin, schreibt eure Fragen auf und besprecht diese dann auch mal gemeinsam mit deinem Neurologen?

      Bei mir war am Anfang auch mal meine Mama mit, und das hat ihr (und damit auch mir) sehr geholfen!

  7. Hallo… ich habe gestern meine Diagnose bekommen. Ich hatte vorher nie was von dieser Krankheit gehört und somit erstmal im Internet geschaut. Auch jetzt, 12 Stunden später weiß ich immer noch nicht so Recht was auf mich zu kommt. Mein Neurologe hat mich eben am Telefon etwas abgewimmelt, er hätte keine Termine frei und nächste Woche Urlaub. So so… Das fängt ja schon gut an. Ich bin 23 Jahre alt, stehe mitten im Leben. Möchte Kinder, heiraten etc.. und nun? Kein Mensch weiß wie es weiter geht und das macht mich echt fertig. Wie seit ihr am Anfang damit umgegangen? Wie alt wart ihr? Liebe Grüße.

    1. Liebe Angelique, erstmal schicke ich dir eine dicke Umarmung und freue mich, dass du uns hier gefunden hast. Dass du 12 Stunden später noch nicht weißt, wo dir der Kopf steht, ist völlig verständlich! Ich selbst habe dafür deutlich länger gebraucht, sicherlich ein, zwei Jahre. Das klingt erstmal lang, aber danach steht einem noch ganz viel Leben bevor 🙂 Das mit dem Neurologen ist natürlich total ungünstig. Hast du die Möglichkeit, einen anderen zu suchen? ich denke, eine Überweisung vom Hausarzt oder Krankenhaus kann auch nicht schaden. Manche Krankenkassen wie die TK bieten auch einen Terminservice an, dann musst du dich nicht selbst darum kümmern – du hast gerade sicherlich genug um die Ohren.
      Kinder und heiraten sind natürlich auch mit MS möglich, da sie nicht direkt vererbt wird. Diese Entscheidung musst du ja zum Glück auch noch nicht heute fällen. Man kann mit MS mittlerweile gut leben, und es landet wirklich nicht jede*r im Rollstuhl. es gibt gute Therapien und Behandlungsmöglichkeiten.
      Du bist nicht allein liebe Angelique. Ich war damals 22 und habe es das erste Jahr lang komplett verdrängt, weil ich es nicht wahr haben wollte. Das ist ein Prozess, der nicht über Nacht passiert. aber er wird passieren, du wirst die MS annehmen können. Daran glaube ich fest.
      deine Samira

  8. @SISTASOUL
    Ich habe auch so eine Mutter. Ja, es ist kränkend. Sehr. Ich passe wohl nicht mehr in ihre heile Welt…

  9. Liebe Samira,
    ich lese schon seit einer Weile immer wieder in deinem Blog und bin heute auf deisen Artikel gestoßen, bei dem ich nun auch mal meine Geschichte beisteuern möchte. Ich selbst habe im April 2018 mit 24 die Diagnose klinisch isoliertes Syndrom bekommen, nachdem ich wegen Schmerzen im Auge und leichten Sehstörungen ziemlich viel Zeit in der Augenklinik verbracht hatte. Danach folgte der Besuch beim Neurologen, der das erste Mal das Wort MS in den Mund nahm. Ich wusste zu dem Zeitpunkt gar nicht, was er von mir wollte, denn schließlich ging es mir ja ansonsten hervorragend. Ich weiß noch wie ich anschließend meiner Mama am Telefon völlig unbeschwert erklärt habe, dass die Beschwerden von einer Sehnerventzündung herrührten. Naja, die nachfolgenden Tage hat Dr. Google mir dann große Teile meiner Unbeschwertheit genommen.. Soweit, dass ich quasi schon komplett verheult in der Radiologie ankam. Die Ärtzin, die mir dann schließend die Bilder gezeigt hat, war dann auch nicht gerade von der einfühlsamen Sorte. Sie presste sich noch ein “Heutzutage ist das alles gar nicht mehr so schlimm” heraus und schickte mich mit der CD nach Hause. Nach einem nochmaligen Termin beim Neurologen musste ich dann ja nun irgendwann meiner Mama davon erzählen und hatte ehrlich gesagt riesige Angst davor. Ich wollte nicht, dass sie auch noch so traurig und schockiert wie ich war und hatte das Gefühl es nicht übers Herz zu bringen, ihr von den Befunden zu erzählen. Ich bat sogar meine Freund sie anzurufen, überwand mich nach genauerem Überlegen dann aber doch selbst und berichtete unter Schluchzen alles was geschehen war. Und nein, sie fing nicht an zu weinen – vermutlich hat sie das dann später alleine getan – sondern versuchte mir Mut zu machen. Zu dem Zeitpunkt hatte sie sich schon länger mit alternativen Heilmitteln befasst und organisierte mir direkt einen Termin bei einer Heilpraktikerin. Bis heute gibt sie mir immer wieder Artikel über Nahrungsergänzungsmittel weiter, die helfen könnten, und untertsützt mich wo sie nur kann. Ich glaube, dann direkt so aktiv zu werden nach der Diagnose, ist auch nicht für jeden was, aber für mich war es damals genau das Richtige und ich bin sehr dankbar, dass meine Mama für mich da war und ist!
    Glücklicherweise hat mich die MS seitdem nur mit einigen kleineren Dingen geärgert und seit ich die Diagnose einigermaßen verarbeitet hatte, versuche ich mein Leben dafür umso mehr auszukosten und zu genießen 🙂

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