Ich habe ja schon letztes Jahr intensiv mit meinem Partner Coloplast® zum Thema Kontinenzversorgung aufgeklärt – da ging es allerdings immer um das Thema Blase. Dieses Mal aber geht es um Darmprobleme bei MS – ein Thema, an das ich mich auf meinem Blog bisher noch nicht herangewagt hatte. Und ja, ich habe gezögert. Wie würde es ankommen, wenn ich mich hier mit Betroffenen auf dem Blog über deren Darmprobleme bei MS austausche?
Nachdem ich aber ein schon fast emotionales, super intensives Gespräch mit dem Coloplast® Team dazu hatte, war klar: Ich möchte meine Reichweite nutzen, um eben auch darauf aufmerksam zu machen, dass Betroffene von diesen Problemen nicht allein sind – und dass es Lösungen gibt, die einem diskret und sicher einfach mal ein riesiges Stück Lebensqualität und Freiheit wiedergeben. Denn ich bin der festen Meinung, dass das mit den Produkten von Coloplast® möglich sein kann. Lass mich dir diese kurz vorstellen:
1. Der Peristeen® Anal-Tampon sieht vor dem Einführen aus wie ein Zäpfchen mit einem kleinen Schätzlein aus Mullbinde. Führt man diesen Tampon in den After ein, löst die Schicht um den Tampon sich auf und er entfaltet dort seine volle Größe. So ein Anal-Tampon kann bis zu 12 Stunden getragen werden (übrigens auch von Männern 😉 ) und somit können Betroffene ganz genau planen, wann sie ihre Darmentleerung vornehmen möchten – und auch, wann nicht. Der Tampon eignet sich vor allem für Menschen, die ungewollt festen Stuhl verlieren.
2. Peristeen® Plus – ein spezielles Irrigationssystem, das anders als ein “normaler” Einlauf nicht dafür sorgt, dass der Darm sich sofort blitzartig entleert, sondern der in etwa 15-30 Minuten nach Benutzung zu einer kontrollierten Darmentleerung führt. Dieses System eignet sich vor allem für Menschen mit Verstopfung oder Inkontinenz, oder Menschen, die ihren Darm nicht mehr geplant entleeren können. Das System muss dabei nur alle 1-2 Tage angewendet werden, und die meisten Menschen sind dann zwischen den Entleerungen komplett kontinent.
Beide Hilfsmittel können übrigens verschrieben werden und werden von der Krankenkasse übernommen. So, das als kleine Einführung, damit ihr auch wisst über was wir in diesem Interview sprechen. Nun freue ich mich darauf, euch in dieses sehr ehrliche, menschliche und berührende Interview mitzunehmen! Ich hoffe, es regt den einen oder die andere dazu an, den/die Arzt/Ärztin anzusprechen – und sich wieder das eigene Leben zurück zu erobern.
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Samira: Liebe Karolina, liebe Annika, möchtet ihr euch meinen Leser:innen einmal kurz vorstellen und vielleicht auch schon etwas dazu sagen, wie sich eure Darmprobleme äußern?
Karolina: Ich heiße Karolina, bin 32 Jahre alt und habe seit 10 Jahren MS. Meine Darmprobleme bei MS habe ich schon sehr lange – früher bestanden sie darin, dass ich wirklich tagelang Verstopfung hatte und nicht auf Klo konnte. Mittlerweile merke ich sie vor allem, wenn ich Laufen gehe: Seit ich MS habe, habe ich es geschafft viel Gewicht abzunehmen und bin sportlich sehr aktiv. Leider gehen meine Darmprobleme aber sofort los, wenn ich loslaufe. Ich sage mal so: Wenn ich muss, dann MUSS ICH. Und zwar hier und jetzt. Ich kann es nicht einfach mal eine halbe Stunde anhalten wie alle anderen. Ich jogge also tatsächlich immer mit einem Beutel und Feuchttüchern, anders geht es nicht.
Annika: Ich bin Annika und bin 31 Jahre alt. Gerade läuft bei mir alles drunter und drüber, weswegen ich momentan zu Hause bin. Jahrelang lief meine MS einfach so mit, ich habe sie seit 2013. Früher dachte ich: Die MS kriegt mich nicht! Aber seit zwei Jahren hat sie mich fest im Griff.
Meine Darmprobleme bei MS äußern sich darin, dass auch ich meinen Stuhl nicht halten kann. Ich kann nicht frei entscheiden, wann ich gehe. Außerdem bin ich durch die MS im Laufen eingeschränkt, schaffe etwa 100-200 Meter am Stück, und das heißt “mal schnell auf Toilette rennen” geht bei mir nicht.
Ich mache das Beste daraus, aber ja, es ist schon eine sehr große Belastung im Alltag.
Wenn wir zum Beispiel Besuch zu Hause haben – wir haben nur 1 WC – dann läuten bei mir schon die Alarmglocken, wenn der Besuch Richtung Badezimmer geht.
S: Das Coloplast Team hatte mir vorab auch schon erzählt, wie sehr Menschen mit Darmproblemen dadurch im Alltag eingeschränkt sein können. Manche meiden es zum Beispiel, vor die Tür zu gehen, tragen Windeln und werden wund, haben ständig Blasenentzündung… und immer die Angst, dass jemand etwas riechen könnte. Manche schränken ihr Sozialleben deswegen sogar komplett ein.
Habt ihr denn schon mal Hilfsmittel dafür ausprobiert?
K: Einlagen nur wegen meiner Blasenschwäche, aber eine Vorlage wegen des Darms noch nicht. Wie ich schon meinte – wenn es kommt, dann kommt es. Da hilft mir auch keine Vorlage. Ich wusste aber auch gar nicht, dass es solche Versorgungen wie Analtampons oder das Irrigationssystem von Coloplast® gibt – das werde ich auf jeden Fall mal bei meinem Arzt ansprechen und ausprobieren!
Mein Traum ist es, einen Halbmarathon zu laufen, vielleicht ginge das damit sogar. Vor einigen Jahren habe ich beim Avon Lauf mitgemacht, aber das war echt eine Katastrophe. Ich musste immer wieder zwischendurch in den Busch rennen – also so mache ich das nicht nochmal. Mit einem solchen Hilfsmittel würde ich mich das vielleicht wieder trauen, obwohl ich die Idee eigentlich schon komplett aufgegeben hatte. Ich gehe auch nie mit anderen joggen, nur mit meinem Mann, weil ich ihm vertraue.
S: Habt ihr mit eurem Arzt bzw. eurer Ärztin über das Thema gesprochen?
K: Erst nicht, weil ich mich geschämt habe. Ich war Ende 20, und dann sowas? Ich habe es lange verdrängt. Irgendwann habe ich aber all meinen Mut zusammengenommen und es angesprochen.
A: Ich habe es noch nicht mit meiner Neurologin besprochen. Irgendwie ist der Draht zu meiner Ärztin einfach nicht da. Im November war ich bei einer Reha und dort habe ich mit einer tollen MS Schwester das erste mal darüber ganz offen reden können. Das war eine unfassbar positive Erfahrung. Sie kannte sich sehr gut aus damit und sagte mir: Du bist damit nicht allein! Das denkt man ja meistens, dass man damit ganz allein ist. Es tat gut, meine Sorgen und Probleme mal mit jemandem zu besprechen.
In meinem Reha Bericht steht das alles drin, aber trotzdem hat meine Neurologin nicht mit mir darüber gesprochen. Eigentlich müsste ich da mal über meinen Schatten springen.
S: Genau um das zu bestärken machen wir dieses Interview! Deswegen wollte ich auch gerne zwei Personen zusammen interviewen, um zu zeigen: Niemand ist damit allein.
K: Wichtig ist auch zu zeigen, dass es eben auch viele jüngere Menschen trifft!
A: Absolut. Ich habe auch lange überlegt, ob ich bei dem Interview mitmache. Aber nur so können wir das Tabu brechen. Ich möchte, dass sich andere nicht so allein fühlen wie ich. Deswegen mache ich hier mit, auch wenn ich dafür über meinen Schatten springen muss.
S: Gibt es eine konkrete Situation, die ihr schildern könnt, in denen eure Darmprobleme euch eingeschränkt haben?
A: Bis letztes Jahr im Mai habe ich noch gearbeitet, das war kurz bevor es bei mir dann wirklich akut wurde. Da merkte ich dann immer mehr: Ich kann meinen Darm nicht kontrollieren. Da passierte es einmal, dass ich mir auf dem Weg zur Arbeit in die Hose machte. Ich weiß es noch genau: Ich saß im Auto und ich konnte nicht mehr aufhören zu weinen. Ich dachte einfach nur: “Was passiert hier bloß?”. Danach spielte natürlich auch der Kopf verrückt und ich begann, mich in diese Angst hineinzusteigern.
Immer noch habe ich ein Problem damit in ein Auto einzusteigen. Mittlerweile habe ich immer einen Eimer im Auto dabei, einfach nur für den Kopf, um Ruhe reinzubringen und ganz normal irgendwohin fahren zu können. Das wäre ohne gar nicht mehr möglich. Diese Situation sitzt wirklich tief.
S: Das wäre ja auch so eine Situation, in der man die Peristeen® Versorgungen von Coloplast® verwenden könnte, oder? Wusstest du, dass es so etwas überhaupt gibt?
A: Nein, das wusste ich nicht! In einem Monat gehe ich auf ein Konzert. Ich habe mich schon mental darauf vorbereitet: Du bist 31 und du wünschtest es wäre anders – aber dann musst du jetzt eben nach Windeln für Erwachsene suchen. Aber selbst, wenn da was reingeht… das riecht doch! Ich wünsche mir einfach nur Ruhe zu haben. Deswegen finde ich es total toll zu wissen, dass es da noch andere Optionen gibt, die viel besser und viel diskreter sind.
K: Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, dass das funktioniert. Dass so ein Anal-Tampon zum Beispiel dem Druck standhält? Wenn man wirklich MUSS?
S: Der Tampon sieht so ein bisschen aus wie ein Menstruationscup, wenn er im Darm aufgeht, davor eher wie ein Zäpfchen mit einem Rückholband aus Mull. In Studien wurde gezeigt, dass über 50% der Anwenderinnen in den ersten 2 Wochen gar keinen Stuhlverlust hatten, und über 20% hatten nur einen. Aber ich denke auch, dass die Psyche sich da erstmal dran gewöhnen muss, dass man nun etwas hat, das wirklich funktioniert. Auch die regelmäßige Anwendung der Irrigation ist sicherlich erstmal ein Gewöhnungsprozess.
K: Ich werde berichten! Toll auch, dass die Krankenkasse die Kosten übernimmt. Das finde ich super.
S: Kommen wir zum Sozialleben. Wirken die Darmprobleme sich auf eure Partnerschaft aus?
K: Bei mir eher nicht, außer dass mein Mann mich dafür manchmal auf die Schippe nimmt. Mittlerweile ist er da aber auch einfühlsamer geworden.
A: Bei mir tatsächlich auch nicht. Ich glaube ja, wir Menschen mit MS ziehen einfach andere Menschen an, die eben mit solchen Sachen auch umgehen können. Besondere Menschen, die uns mit ganz ganz viel Respekt begegnen. Mein Freund kann mir das mittlerweile schon am Gesicht ansehen, wenn ich wieder Angst bekomme, dass ein Stuhlgang kommt.
Wir saßen mal im Auto, und ich merkte, dass da was kommt und ich fing an zu weinen. Er meinte nur: Annika, erzähl mir wovor du so große Angst hast! Dass du dir in die Hosen machst? Na und? Das ist doch nicht schlimm, davon stirbt man nicht!
Ich habe ihm dann unter Tränen erklärt, wie erniedrigend und beschämend das eigentlich ist. Er sah mich an und sagte einfach: Mir ist es egal. Dann machen wir halt die Fenster auf und fahren schnell nach Hause.
Aber für mich steht fest: Ich will NIE WIEDER, dass mir das passiert. Das hat einfach etwas mit meinem Selbstwert zu tun. Aber es ist gut zu wissen, dass mein Partner mir dennoch beistehen würde, sollte es mal passieren. Die MS hebt eine Beziehung wirklich auf eine ganz andere Ebene und gibt eine ganz andere Intensität.
K: Partner lernen ja auch dazu. Bei meinem Mann war es ein langer Prozess. Früher lachte er drüber und meinte: Du gehst wie ein Soldat mit einem Löffel joggen und kackst in den Wald. Heute hält er beim Laufen gemeinsam mit mir nach einem Busch Ausschau, wo ich mal eben verschwinden kann, wenn ich beim Laufen aufs Klo muss.
S: Habt ihr noch einen letzten Ratschlag für meine Leser:innen, die sich hier Wiedererkennen?
A: Was mir geholfen hat und was unglaublich wichtig ist, ist die Kommunikation. Zumindest mit deinem engsten Kreis. Das gibt so viel Halt, wenn das Gegenüber versteht, womit du gerade zu kämpfen hast. Nur so kann dein Umfeld dich wirklich auffangen. Außerdem sollte man sich nicht scheuen, Hilfsmittel zu benutzen. Auch wenn das erstmal eine Überwindung ist. Geh deinen eigenen Weg! Und finde Lösungen, die für dich funktionieren, wie ich mit meinem Eimer im Auto.
K: Es sich selbst einzugestehen ist ganz wichtig. Ich habe es selbst ewig lange nicht wahrhaben wollen und habe unermüdlich nach anderen Antworten für meine Darmprobleme gesucht, wollte nicht, dass die MS dahintersteckt. Ich habe teilweise ganz mit dem Laufen aufgehört deswegen. Irgendwann habe ich dann aber mit meinem Neurologen gesprochen, der mir mitteilte, dass die MS dahinterstecken kann. Das war auch ein bisschen eine Erleichterung.
S: Ich danke euch beiden von Herzen für dieses ehrliche Interview. Ihr beiden macht hier einen Wahnsinns Job: Ihr gebt dem Thema Darmprobleme bei MS ein Gesicht, damit das Tabu gebrochen werden kann. Das erfordert viel Mut und davor ziehe ich meinen Hut! Danke auch an Coloplast®, die dieses Interview ermöglicht haben und so intensiv daran arbeiten, Menschen mit einer besseren Kontinenzversorgung ein großes Stück Lebensqualität zurückzugeben.
Halli hallo, ich wollte nur kurz berichten bzgl den Tampons, die hatten bei mir leider nicht mehr aber ich hab zur ms auch noch colitis ulcerosa. Ich nehme jetzt bevor ich raus gehe Tabletten. Loperamid. Die sind auch freiverkäuflich 10 Stk kosten glaub ich ca 4 Euro…… außerdem versuche ich mit ei EM elektrostimulator die nerven und Muskeln wieder wach zu bekommen!!!!!!! Ich gebe mir da noch ein paar Jahre und wenn es nicht klappt, möchte ich darum kämpfen ein stoma zu bekommen, denn ich sitz jetzt schon seit 5 Jahren zuhause fest und so mag ich tatsächlich nicht mehr leben.. Ich mein ich würde kein Suizid begehen aber das leben ist so nicht mehr lebenswert . Ich wünsch allen Menschen die ihr Päckchen tragen alles gut und viel Kraft ♥️🤲
Danke für deine ehrliche Schilderung liebe Aida, ich kann mir das gut vorstellen wie belastend das sein muss!! Deswegen drücke ich dir ganz, ganz fest die Daumen dass du eine Lösung für dich findest – und wenn es das Stoma ist, na, dann ist es eben so!
Deine Samira
Guten Morgen ihr Lieben
Ich selber habe es dreimal erlebt, das ich Stuhlgang in die Hose gemacht habe, war spazieren mit dem Hund und dann fing es an zu drängen
Dann kannst du es nicht mehr aufhalten
Hab geduscht und 3 Unterhosen weggeschmissen dann und nichts meinem Mann erzählt davon
Ich denke ,es kommt bei mir von übermäßigem Naschikonsum gerade
Habe die MS seit 1995 und jetzt treten leichte Einschränkungen im Laufen auf, kann das Gleichgewicht schlecht halten
Habe aber im August eine Ausbildung als Schamanin abgeschlossen , arbeite nun damit
Was meint ihr zu dem Süsszeug, macht es mich schwach in den Beinen?
Liebe Birte,
ich empfehle dir, damit einmal zum Arzt – und zwar zum Neurologen zu gehen. Sicherlich kann Durchfall auch mal durch die Ernährung ausgelöst werden, aber es schadet nicht, damit einmal offen zum Arzt zu gehen um zu schauen, ob nicht doch die MS dahinter steckt.
Alles Gute dir