In 5 Schritten heraus aus der Angst vor MS

Angst und MS sind zwei Wörter, die gerade in der Zeit (und damit meine ich durchaus Jahre) nach der Diagnose gerne im Doppelpack auftreten.

Dass wir Angst vor MS haben, Angst vor Behinderung, Angst davor, alles zu verlieren was uns lieb und teuer ist und was uns als Mensch ausmacht – wer kann das nicht nachvollziehen?

Ich selbst lebte etwa zwei Jahre lang in konsequenter Angst vor MS.

Vor den Folgen, vor dem einen endgültigen, starken Schub, der mich in den Rollstuhl katapultieren würde. Angst vor dem Schub, der mein Leben von einem auf den andern Tag unwiderruflich ändern würde. 

Und was tat sich gegen diese Angst vor MS? Nichts. Oder zumindest nichts hilfreiches.

MS Blog
Pic by Erik Schütz / GoodBY

Ganz im Gegenteil: Ich feierte die Nächte durch, ich arbeitete weiterhin auch mal eine 16 Stunden Schicht wenn es denn sein musste. Das wollte ich mir schon selbst beweisen: Dass ich immernoch konnte und wollte wie früher. Dass ich ganz die alte war. Und doch hatte sich etwas geändert: Ein gewisses Bewusstsein für meinen Körper war auf der Bildfläche aufgetaucht.

Am Anfang war das nur eine ganz kleine, leise Ahnung da irgendwo in meinem Hinterkopf. Wie ein leichtes Ziehen in der Magengegend, das einem sagt dass irgendwas nicht stimmt, das man aber auch einfach gekonnt ignorieren kann. Und das tat ich: Ich ignorierte dieses Gefühl, dass mir sagte dass mein erster, rebellischer Umgang mit der MS nicht unbedingt das beste war für meine Gesundheit. Ich wollte das Gefühl im Keim ersticken.

Kurz und gut: Ich wollte meinen Körper und mich selbst weiterhin so wenig wie möglich spüren. 

Wir Menschen mit MS sind wahre Meister*innen darin, unsere Intuition zu missachten. Oder sie gar nicht erst wahrzunehmen. Wir ackern wie blöde, wir stressen uns und lassen und stressen, wir stellen uns selbst immer und immer wieder an die letzte Stelle. Bloß immer die anderen. Bloß niemals ich. Kommt dir das bekannt vor?

Nur nachts, wenn wir keine Wahl haben als zur Ruhe zu kommen, taucht die Angst vor MS wieder auf. Nagt an uns. Lässt uns nicht schlafen, besucht uns in unseren Träumen und lässt uns am nächsten Morgen gerädert aufwachen. Sie ist immer da, und wir schieben sie immer soweit wie möglich von uns weg.

Es hat Jahre gedauert, bis ich endlich verstand, dass ich mit dem unterdrücken dieser Angst, dieser leisen Stimme, einen großen Teil von mir selbst kategorisch ablehnte.

Und dass dieses Verhalten mich mit jeder Stunde, jedem Tag weiter weg von meinem inneren Kompass, von meiner Intuition führte.

Blog frauen MS
via pexels.com

Damit du deiner Angst vor MS endlich ins Auge blicken und ihr damit den Schrecken nehmen kannst, habe ich heute 5 Schritte für dich zusammengetragen.

Es gibt keinen Zeitraum, in dem du diese Schritte absolvieren solltest. Auch kannst du die Reihenfolge beliebig anpassen, obwohl ich die Erfahrung gemacht, dass meistens die Reihenfolge stattfindet, in der ich diese Schritte hier aufgelistet habe. Denk immer daran: Es ist DEIN Weg. DEINE Krankheit. DEINE Entscheidung. Ich kann und will nichts anderes tun, als dir eine Hilfestellung an die Hand zu nehmen. Und ich hoffe, dass mir das mit diesen Tipps gelingt.

1. Schritt: Nimm an, dass du jetzt MS hast

Solange wie du denkst, dass das einfach nicht wahr sein kann und damit auch nicht wahr ist, wirst du Schwierigkeiten dabei haben, die Angst vor MS hinter dir zu lassen. Erst wenn du erkennst und annimmst, dass du MS hast – und dass diese nicht heilbar, aber wohl gut in Schach zu halten ist, kannst du anfangen an dir und deinem Umgang mit der Krankheit zu arbeiten.

2. Setz dich mit deiner MS auseinander

Es ist wichtig, dass du weist, was MS ist, was sie sein kann, und was sie nicht sein muss. Je weniger du über die MS weist, desto größer wird deine Angst vor ihr sein. Nur wer sich mit der Krankheit auseinandersetzt kann wissen, welche Faktoren ein Fortschreiten begünstigen und welche Lebensumstellungen einen MS Verlauf positiv beeinflussen können.

Lies dir Berichte anderer Betroffener durch – aber nicht nur die schlimmen oder nur die guten! Verschaffe dir einen Überblick über schwere und auch leichte Verläufe. Du findest auf Instagram, auf Youtube und bei Google jeder Menge Erfahrungsberichte. Lies sie dir durch aber vergiss dabei nicht: Das ist nicht zwangsweise das, was dich erwartet. Dein Verlauf kann schwerer oder leichter als der dieser Person sein.

Ich kann dir auch meine Bücher an dieser Stelle nur ans Herz legen. Vor allem in meinem MS Ratgeber “Aktiv leben mit MS” habe ich das 1×1 des Lebens mit MS für dich zusammengetragen.

MS Ratgeber
Mein Buch “Aktiv leben mit MS”

3. Tausche dich über die MS aus

Selbsthilfegruppen mögen für die eine oder andere Person recht altbacken wirken, und ganz ehrlich: Meine Sache sind sie auch nicht. Zum Glück findest du online ganz viele Möglichkeiten, mit andern MS Patient*innen in Kontakt zu kommen! Bei Instagram gibt es eine super lebendige, ständig wachsende Community.

Auch Facebook Gruppen können eine gute Alternative sein. Und natürlich ist es auch wichtig, dass du (wenn du das möchtest) mit deinem Umfeld über deine Erkrankung sprichst. Zumindest eine Person in deinem Umfeld einzuweihen kann eine große Erleichterung im Alltag sein.

4. Beginne eine Psychotherapie

In diesem Blogartikel erfährst du Schritt für Schritt, wie du an eine Therapie kommst. Es ist nämlich gar nicht so schwer, einen Therapieplatz zu bekommen. Warum das ein wichtiger Schritt heraus aus der Angst vor MS ist? Ganz einfach: MS Schübe hängen oft mit Stresssituationen zusammen. Viele bekommen den ersten Schub nach einer Trennung, einem Verlust eines geliebten Menschen, einer Geburt, einer Prüfungsphase etc. Stress und MS sind keine gute Kombi! In einer Verhaltens- oder Tiefenpsychologischen Therapie kannst du lernen, wie du mit Stress umgehen kannst. Du erlernst Techniken der Stressreduktion. 

Auch werden in einer Therapie oft Traumata ausgearbeitet, die sich meist schon seit der Kindheit in uns festsetzen. Für mich und für viele andere Menschen, die mittlerweile ein Einklang mit sich und ihrer MS leben, war die Aufarbeitung von Traumata ein ganz, ganz essentieller Schritt heraus aus der Angst.

5. Übernimm Verantwortung für deine Gesundheit

Klar, du kannst nichts dafür, dass du MS hast. Aber nun, da du die Krankheit hast, ist es wichtig irgendwann (wie gesagt, hat bei mir selbst Jahre gedauert!) Verantwortung für deine Gesundheit zu übernehmen.

Viele Menschen, die die Diagnose MS bekommen, schaffen es nie aus einer abwehrenden Opferhaltung herauszukommen. Und ganz ehrlich: Ab und an versinke auch ich noch in Selbstmitleid, aber das passiert mittlerweile fast gar nicht mehr. 

Was hilft, nicht mer in Angst vor MS zu leben? Dich selbst hinters Steuer zu setzen. Nein, du kannst deine MS nicht heilen. Aber es steht in deiner Macht – und damit auch in deiner Verantwortung – so zu leben, dass du deiner MS nicht noch unnötigerweise Feuer gibst. Was das heißt? Zum Beispiel mit dem Rauchen aufzuhören (und ich weiß das willst du jetzt nicht hören, aber DAS wäre verantwortungsvoll). Stressreduktion. Bewegung. Mindset Training. All diese Dinge sorgen dafür, dass du dich nicht mehr wie ein Spielball deiner Gesundheit fühlst, sondern wirklich mit deinem Körper im Einklang lebst. 

Essen bei MS
pic via pexels.com

Gibt deinem Körper gutes, gesundes Essen. Versorge ihn und dein Immunsystem mit den Nährstoffen, die gebraucht werden, um ordentlich zu funktionieren. Plane Ruhepausen ein, schlafe genug.

Es wird sich nichts ändern, wenn du bei jeder möglichen Veränderung direkt „Geht nicht, kann ich nicht etc“ schreist.

Denn ja, dann wird sich nichts ändern. DU selbst kannst so vieles tun, um zumindest zu wissen, dass du alles in deiner Macht stehende unternimmst, um nicht noch kränker zu werden. Das wird dir dabei helfen, die Angst vor MS etwas kleiner werden zu lassen. Weil du weist, dass du dir selbst vertrauen kannst. Sei deine eigene beste Freundin. 

Ich bin mir sicher, einige dieser Tipps werden bei dir ein Gefühl des Widerstand auslösen. Und weißt du was? Das ist okay. Du wirst dann anfangen, diese Schritte in dein Leben zu integrieren, wenn du dafür bereit bist. Ich wünsche dir dabei von Herzen alles, alles gute! 

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Hast du weitere wichtige Schritte, die es auf dem Weg raus aus der angst vor MS zu gehen gibt? Dann teile diese mit uns in einem Kommentar!

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1 comment

  1. Liebe Samira, ich habe (vermutlich) seit 15 Jahren SPMS, die Diagnose wurde aber erst vor 10 Jahren gestellt. Ich sehe soviel Gemeinsamkeiten wenn ich mir in deinem Blog das ein oder andere durchlese und danke dir für deine Offenheit. Die ersten zwei Jahre waren waren bei mir ein Tal der Tränen gepaart mit einem großem Haufen Selbstmitleid……gar nicht gut ;). Irgendwann kam dann bei mir die Akzeptanz und der Wandel. ICH lebe mit der MS und nicht die MS mit mir! Sie wurde nicht eingeladen ist aber trotzdem da. Tja, meistens komme ich mittlerweile ganz gut zurecht und habe gelernt nach Hilfe zu fragen wenn es nicht mehr geht. Ich habe gelernt meiner Familie und meinem engsten Kreis beizubringen, dass ich kein Mitleid brauche aber immer mal wieder Verständnis für mein Leben. Ich liebe meinen täglichen Begleiter Anton, mein Rollator, der mir eine kleine Selbstständigkeit zurück gibt. Mit dem Elektrorollstuhl stehe ich noch auf Kriegsfuß, aber das wird schon noch. Die MS zu bekämpfen ist der falsche Weg, da führt man einen Krieg den man nicht gewinnen kann. Jetzt aber zum eigentlichen Thema :))……ich bin ganz bei dir, das es wichtig ist sich mit der Krankheit auseinandersetzen und sich Infos, Tipps und Ratschläge holt. Ich für meinen Teil habe aber gemerkt, dass es für mich besser ist gar nicht so viel in den Netzwerken und auf Google unterwegs zu sein. Das es mir nicht gut tut über jedes und alles Neue informiert zu werden, ich mag es nicht, wie in vielen Foren viel zu viel auf einen einprasselt. Dadurch nehme ich mir auch den Stress der dabei entstehen kann. Vielleicht ist das auch ein kleiner Ratschlag für den einen oder anderen. Das ich deinen Blog lese ist also eine Ausnahme..
    Liebe Grüße

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